Die Front zerbeult, das Fenster zerborsten und die Sitze zerschrammt: Auf dem Gelände des Bauhofs in Wittingen, unweit des Feuerwehr-Hauses, machen zwei Autos nicht mehr viel her. Sie stehen an der Hecke im Ostteil des Areals. Zumindest das, was von ihnen übrig ist.
Um Unfallwagen handelt es sich aber nicht. Vielmehr haben die Schrott-Pkw einen Sinn. Welchen – das hat Wittingens Ortsbrandmeister Torsten Bötticher dem IK beim Ortstreffen erklärt.
„Patientengerechte“ Vorbereitung
„Wir üben an den Autos, wie wir uns bei Verkehrsunfällen verhalten“, verweist er auf eine der Aufgaben der Feuerwehr, deren Priorität darauf liegt, Menschenleben zu retten. So stehe die Brandbekämpfung und Hilfeleistung über allem, weshalb die Übungen an und in den Autos einen hohen Stellenwert besitzen.
„Es geht darum, Strategien zu trainieren, wie verletzte Personen aus dem Auto zu bekommen sind. Keine Situation ist gleich, weshalb wir auf diese Weise versuchen, der Situation angemessen das Auto zu zerlegen.“ Gerade jüngere Kameraden, die noch keinen großen Erfahrungsschatz haben, müssten geschult werden, wie Bötticher sagt. Drei bis vier Dienstabende gebe es jährlich, um mit den Gruppen zu üben.
In den Autos sitze dann immer ein Kamerad im Fahrzeug, der „patientengerecht“, wie es Bötticher nennt, behandelt werden soll: „Wir simulieren entsprechend die sogenannte Versorgungsöffnung für den Rettungsdienst, sodass die Kollegen den Insassen herausholen können.“
Um das Auto auseinanderzunehmen, bedarf es laut Bötticher mehrerer Instrumente wie einen Spreizer, Rettungszylinder oder auch Stabilisatoren. Werkzeuge, die kurz vor Beginn der Corona-Pandemie angeschafft wurden und demnach noch recht neu sind.
Bei Autos, die elektrisch laufen und nicht konventionell angetrieben werden, gebe es indes andere Rahmenbedingungen zu beachten. Bötticher: „Da müssen etwa die Hochvoltbatterien deaktiviert werden, bevor wir an das Fahrzeug gehen. Das ist ansonsten nicht nötig.“
Hilfe aus der Altmark
An Schrott-Autos üben können die Feuerwehr-Kameraden indes, weil sie einen guten Kontakt ins benachbarte Sachsen-Anhalt haben: „Wir bekommen immer mal wieder Fahrzeuge von einem Autoverwerter aus Dähre, der im Übrigen auch einen Abschleppdienst betreibt. Der bringt die Fahrzeuge unentgeltlich hierher und nimmt sie später auch wieder mit.“
Und dies, wenn alles zerschnitten ist, so Bötticher, der die Zusammenarbeit mit dem Händler aus dem Altmarkkreis lobt. Dieser sorge nämlich auch dafür, dass die Fahrzeuge trocken sind, sich also kein Öl, Diesel oder sonstige Brennstoffe im Auto befinden.
Laut dem Ortsbrandmeister nutzt die Wittinger Feuerwehr jährlich etwa zwei bis drei Fahrzeuge aus dem Nachbarkreis, wobei die Kooperation seit ungefähr sechs oder sieben Jahren besteht. Vorher habe die Wehr Autos vom Wittinger Hafen oder von einem Schrotthändler aus Steinhorst geholt.
Und die Verwertung von Alt-Autos zu Übungszwecken hat Tradition. Zugführer Lutz Weber hält dazu fest: „Die Feuerwehr macht das schon, solange es sie gibt, zumindest aber wohl seit 50 Jahren. Schon im Jahr 1982 haben wir einen VW Käfer in Stöcken zerschnitten.“
Quelle /Text: AZ-Online.de / Pascal Patrick Pfaff